08.12.2022 | 11:13
Beratung Mobil – Kommunales Jobcenter kommt zu den Menschen
Vorstand Sebastian Kleist: "Wir möchten alle erreichen und keinen zurücklassen"
„Wir haben die Möglichkeit mit ,Beratung mobil´, die Menschen zu erreichen, die aus welchen Gründen auch immer den Kontakt zu uns verloren haben“, sagt Sebastian Kleist, Vorstand des Kommunalen Jobcenters Lahn-Dill.
„Beratung Mobil“ ist ein neues zusätzliches sehr niederschwelliges Beratungsangebot für SGB II-Leistungsbeziehende, welche von Jobcentermitarbeitenden über einen längeren Zeitraum nicht mehr erreicht wurden.
Ziel des Formats ist ein erster Kontakt durch aufsuchende Coaches, die mittelfristig wieder den Austausch mit der persönlichen Ansprechperson im Jobcenter herstellen. Parallel können die besuchten Kund*innen auch ein freiwilliges Coaching in Anspruch nehmen, welches sie in ihren individuellen Problemlagen unterstützt.
Ausgangslage des Formats war eine erschwerte Erreichbarkeit von Kund*innen, die sich während der Corona-Zeit immer mehr zurückgezogen haben und die Frage, was das Jobcenter tun kann, um diese nicht zurückzulassen und in ihrer speziellen Problemlage zu unterstützen, erklärt Kleist.
„Die Gründe, weshalb diese Menschen nicht mehr erreichbar sind, sind vielfältig“, sagt Projektleiter Simon Schneider. Die drei Coaches von der GWAB, welche seit dem ersten Oktober die Maßnahme „Beratung mobil“ durchführen, berichten: Oft liege bei den Menschen eine Überforderungssituation vor, die sie an dem Besuch im Jobcenter hindere oder das Annehmen eines Anrufs unmöglich mache. Ursachen hierfür können unterschiedlichste Themen sein, wie gesundheitliche Einschränkungen, psychische Belastungen oder finanzielle Probleme.
Deshalb nehmen die Coaches Kontakt per Telefon auf und besuchen die Kund*innen auch vor Ort. Gespräche können dann an einem neutralen Ort wie einem Café bei einem Stück Kuchen oder in einem extra für diese Maßnahme angeschafften Beratungsmobil, das bewusst neutral gestaltet ist, durchgeführt werden. Einige Gespräche finden auch in den Wohnungen der Personen statt.
„Die Leute sind dankbar. Wenn Sie sozial isoliert sind, ist es schlechtesten Falls der erste Kontakt seit zwei Jahren“, berichtet Schneider. Teilweise wachse ihnen alles über den Kopf. Die Einladungen zum Beratungsgespräch blieben dann neben anderen Poststücken ungeöffnet, in einem Papierwust in der Ecke liegen. Ein freundliches Gespräch auf Augenhöhe in einem ungezwungenen Umfeld ist da dann das, was in dem Fall helfen kann.
Maßnahmekoordinatorin des Jobcenters Christiane Hegemann erklärt welche Chancen, durch das Angebot entstehen können. Zudem bewege sich das Format, mit seiner Freiwilligkeit, der Beratung auf Augenhöhe sowie der Sozialraumorientierung in dieselbe Richtung wie die im Bürgergeld beschlossenen Kernpunkte.
„Wir möchten alle erreichen und keinen zurücklassen“, betont Nicole Bodensohn, Geschäftsführerin der GWAB, die gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden das Angebot ins Leben gerufen hat. Die Coaches holen die Kund*innen wortwörtlich da ab, wo sie sind. Hilfe wird je nach Bedarf angeboten. Individuelle Unterstützung bei der Erarbeitung von Strukturen, gemeinsam mit den Beteiligten einen Termin bei Beratungsstellen wie der Schuldnerberatung zu machen oder eben der Kontakt um Jobcenter herzustellen sind hier beispielhaft genannt.