03.03.2021 | 09:44

Blühflächen in der kälteren Jahreszeit

Es muss nicht immer bunt sein, um die Artenvielfalt zu bewahren

Blühflächen sind eine in der Feldflur immer häufiger sichtbare Maßnahme zur Förderung der Artenvielfalt (Foto: Lahn-Dill-Kreis

Blühflächen sind eine in der Feldflur immer häufiger sichtbare Maßnahme zur Förderung der Artenvielfalt (Foto: Lahn-Dill-Kreis

Auf dem Weg durch die Feldflur trifft man immer wieder auf Ackerflächen, die mit Blühpflanzen wie Sonnenblume, Dill, Ringelblume, Margerite und vielen anderen Arten bestellt sind. Im Sommer freuen sich Spaziergänger und Radfahrer über strahlende Farben und aromatische Düfte. „Die Landwirte säen diese Blühflächen nicht, um die Landschaft optisch aufzuwerten, sondern ihr Ziel ist es, die Artenvielfalt zu bewahren“ informiert Roland Esch, Erster Kreisbeigeordneter des Lahn-Dill-Kreises. Insbesondere im Zuge des Feldflurprojektes „Gießen-Süd“ sind seit letztem Jahr zahlreiche Blühflächen im Bereich der Kommunen Langgöns, Pohlheim, Linden, Hüttenberg und der Stadt Gießen neu entstanden.

Blühflächen sind eine in der Feldflur immer häufiger sichtbare Maßnahme zur Förderung der Artenvielfalt. Im Jahr 2020 gab es mehr als 250 Hektar Blühflächen in den Kreisen Lahn-Dill und Gießen. Das entspricht rund 350 Fußballfeldern. Viele Landwirte legen solche Flächen im Rahmen des Agrarumweltprogramms freiwillig für überwiegend fünf Jahre an. Sie ergänzen die teils zu wenig vorhandenen, deckungsgebenden und vernetzenden Strukturen wie Hecken, Büsche, Wegraine oder Brachen. Mit der Integration solcher Naturschutzmaßnahmen in die landwirtschaftliche Produktion bietet man selten gewordenen Arten wie zum Beispiel einigen spezialisierten Insekten oder dem Rebhuhn neue Lebensräume.

Angesät werden spezielle Saatgutmischungen aus Kultur-, Zier- und Wildpflanzen. Der Aufwuchs dient sowohl als zusätzliche Nahrungsquelle als auch als Rückzugsraum für Insekten, Vögel, Kleintiere und Niederwild. Landwirte tragen somit zur Aufwertung des Lebensraumes und zur Förderung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft bei.

Was nicht mehr blüht, kann dann aber aufgeräumt werden, oder?

„So denken bestimmt viele Spaziergänger, denn wir erhalten häufig Anrufe zu diesem Thema“ vermutet Margot Schäfer, Leiterin der Abteilung für den ländlichen Raum für Gießen und Lahn-Dill. „Dann erklären wir allen Anrufern, dass gerade die vertrockneten, unansehnlichen Überreste der sommerlichen Blütenpracht als Nahrungs- und Rückzugsräume große Bedeutung haben, wenn andere Kulturen noch fehlen“. Insekten die keine großen Flugdistanzen zwischen Brut- und Futterplatz überwinden können, nutzen die Blühflächen im Spätsommer als Brutstätte und in der kälteren Jahreszeit als Überwinterungsquartier. Werden die Blühflächen bis zu den ersten warmen Tagen im nächsten Frühjahr erhalten, erwachen die Insekten aus ihrem Winterschlaf, schlüpfen aus ihrem Schutz und starten in die nächste Saison. Auch das Rebhuhn nutzt die Deckung der über Winter erhaltenen Blühfläche im Frühjahr wieder als Brutplatz.

„Blühflächen sind aus diesen Gründen nicht nur im Sommer von Bedeutung, sondern haben auch in der kälteren Jahreszeit ihre Daseinsberechtigung. Die eher wild anmutenden Flächen aus ästhetischen Gründen zu entfernen ist daher nicht sinnvoll“ gibt Roland Esch zu bedenken. Beim nächsten Feldspaziergang dieser Tage wirft man nun sicherlich einen genaueren Blick auf solche Flächen.

Feldflurprojekt „Gießen-Süd“

Das Feldflurprojekt „Gießen-Süd“ wurde vom hessischen Umweltministerium ins Leben gerufen, um dem gravierenden Rückgang von Rebhuhn, Feldhamster und Feldlerche entgegenzuwirken. Gemeinsam mit dem Regierungspräsidium Gießen koordiniert die Abteilung für den ländlichen Raum der Landkreise Lahn-Dill und Gießen die Bemühungen aller Akteure im Projektgebiet. Ziel des Projektes ist die Förderung und Stabilisierung der noch vorhandenen Bestände von Feldhamster, Rebhuhn und Feldlerche. Dazu werden von Landwirten unter anderem Blühflächen angelegt, die auf die Bedürfnisse der Arten angepasst sind.